Kunst-Stück: Franziska Furter: Turbulences

Eva Scharrer, 27.11.14

 

Man muss mehrfach hinsehen: so filigran und fließend ist die Textur der geschwungenen Linien in Franziska Furters Serie Turbulences (2014, Tinte auf Papier), dass sie schwerlich mit dem bloßen Auge eindeutig der Zeichnung oder der Druckgrafik zuzuordnen sind. Die Farbe war ganz offensichtlich noch in Bewegung, als sie das Papier berührte – hier mehr aufgesaugt wurde, dort weniger; changierende Verläufe, Blasen und Wirbel miteinschließend. Tatsächlich wurde hier gezeichnet, jedoch nicht auf Papier, sondern auf Wasser. Ein Tropfen ölhaltige Tinte wird dafür in ein Wasserbecken gegeben, dazu ein Schuss flüssige Seife, die die Tinte verdrängt und in Bewegung versetzt. Der Verlauf der chemische Reaktion kann zwar minimal gelenkt werden, doch das Ergebnis nie komplett gesteuert oder gar vorher gesagt werden, bevor das schwimmende Tintengebilde mit Büttenpapier abgenommen wird. Der Prozess kann beliebig oft unter den genau gleichen Konditionen wiederholt werden, das Ergebnis wird nie dasselbe sein. Und nur wenige Blätter erfüllen den künstlerischen Anspruch an Farbverlauf und Komposition, um auserwählt zu werden. Jeder Monoprint – seien es die einzelnen, von tiefem Schwarz zu zarten Graustufen verlaufenden linearen Schlieren der Turbulences, oder die explosiven Farbverläufe der verwandten Serie Scatted Rainbows (2014) – ist ein Unikat. Die Turbulences vereinen die Konzentration von Zen-Kalligraphie, der Suche nach dem perfekten (Pinsel)Strich, mit dem kreativen Potenzial des Zufalls.

Ausgestellt sind sie, zusammen mit einer auf Pflanzenstudien beruhenden Serie von kleinformatigen Collagen (Shape s , 2014) und fragil schwebenden, kristallinen Metallskulpturen (Spells, 2014) noch bis zum 20. Dezember 2014 in der Galerie Schleicher/Lange, Berlin.

 

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